Donauwalzer - Dr. Christian Pinter - Klang

Klangbeispiele
Dr Christian Pinter
zum Thema Astronomie
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Der Donauwalzer und sein Weg ins All

Als Johann Strauss Sohn 1866/67 in der Wiener Praterstraße den Walzer An der schönen blauen Donau komponierte, dachte er nicht an die Astronomie.

Das Werk wurde in seiner Orchesterfassung 1867 im k.k. Volksgarten uraufgeführt. Der große Erfolg stellte sich zunächst allerdings in Paris ein, wo der Walzer noch im selben Jahr im Zuge der Weltausstellung erklang.

Seither erzählen Tanzende immer wieder, sie verspürten beim Wiener Walzer im allgemeinen und beim Donauwalzer im speziellen ein besonderes Gefühl von Leichtigkeit. Mangels tänzerischer Begabung kann ich hier nur zitieren.
Um Musikstücke für sein Meisterwerk 2001: Odyssee im Weltraum auszuwählen, hörte der US-Regisseur Stanley Kubrick einen stattlichen Stapel an Schallplatten durch.

Der Donauwalzer schien Kubrick besonders geeignet, um Schwerelosigkeit im Film zu unterstreichen. Er erklingt, während sich ein bemanntes Raumschiff einer rotierenden Raumstation nähert und in ihre Schleuse eintaucht.

Der Film geriet 1968 zu einem grandiosen Erfolg.
Johann-Strauss-Denkmal im Stadtpark
Als dieses Filmbegleitheft (links) 1973 gedruckt wurde, gab es noch keine DVDs
Ich sah die deutsche Fassung erstmals im Alter von neun Jahren im Wiener Gartenbaukino, das damals spezialisiert auf Premieren war.

Wann immer ich in Folge den Donauwalzer hörte, hatte ich die genannte Weltraumszene vor Augen. Auch andere Zeitgenossen empfanden diesen Walzer bald wie eine Hymne an die Schwerelosigkeit.


Mein erster, ungedruckt gebliebener Artikel widmete sich ebenfalls Kubricks Meisterwerk. Ich meinte, die korrekte Interpretation für den in seiner Aussage teils rätselhaften Streifen gefunden zu haben.

Da es 1979 noch kein Internet gab, schrieb ich dem Regisseur nach Santa Monica.
Das "Gartenbau" heute
Arthur C. Clarkes 1948 verfasste Kurzgeschichte Der Wächter (The Sentinal) spiegelt sich in einer Sequenz des Films wider. In Clarkes Story stößt ein Astronaut am Rand des Mare Crisium auf eine Pyramide, offenbar vor Millionen Jahren zurück gelassen von einer fremden Zivilisation.

Das Gerät soll per Funk Kunde geben, falls eine Spezies entwickelt genug ist, den Mond zu erobern. Kubricks Film verwandelte die funkelnde Pyramide in einen schwarzen Monolithen und tauschte das Mare Crisium gegen den Mondkrater Tycho.

Die Handlung davor und danach entwickelten Clarke und Kubrick gemeinsam.
Das Mare Crisium, Schauplatz der Kurzgeschichte
John Glenn 1961 in der Mercury 7:
Der erste US-Astronaut im Orbit. Foto: NASA
Voyager I. Bild: NASA
Der fertige Spielfilm, im Original 2001: A Space Odyssey genannt, inspirierte David Bowie, als er den Song Space Oddity schrieb. Hier trieb Major Tom, ein einsamer Astronaut, hilflos in einer "Blechbüchse" um die Erde. Das fiktive Setting erinnerte an die Mercury-Flüge, deren einsitzige Kapseln den US-Amerikanern erstmals den Flug ins All erlaubten. Ein Modell der Mercury-Kapsel aus dem Technischen Museum hing übrigens lange Zeit an der Decke der Wiener U-Bahn Station Schweglerstraße.

Bowies Lied wurde am 11. Juli 1969 veröffentlicht, fünf Tage vor dem Start der dreisitzigen Apollo 11. Der Text hatte nichts Ermutigendes, und man hätte ihn auch als Kritik am Hype um die Raumfahrt verstehen können. Dennoch wählte ihn die BBC als Backgroundmusik für ihre Reportage über die erste Mondlandung.
Die Mondflüge waren schon längst wieder Geschichte, als die NASA 1977 ihre Raumsonde Voyager I (NASA-NSSDCA-Website) startete. Sie zog später an Jupiter und Saturn vorbei. Als eine Art Botschaft hatte sie eine mit Gold überzogene Kupferschallplatte (Link zur NASA-Website) an Bord, auf der - u.a. - auch 27 Musikstücke zu hören waren.

Der Bogen reichte vom Gesang der Navajo bis zu Blind Willie Johnsons Gospel-Blues-Song Dark Was the Night, Cold was the Ground.
Wolfgang Amadeus Mozart steuerte die Arie der Königin der Nacht aus der Zauberflöte bei. Johann Sebastian Bach war mit drei Stücken vertreten, Ludwig van Beethoven mit zwei. Der Donauwalzer von Johann Strauss blieb außen vor.

Das sollte nun quasi "korrigiert" werden, in der tourismusfördernd motivierten Aktion Waltz into Space:

Am 31. Mai 2025, also mitten im Johann-Strauss-Jahr, wurde der Donauwalzer im Museum für angewandte Kunst (MAK) von den Wiener Symphonikern gespielt - und zwar um 21:30 Uhr. Zuvor hatten 31.000 Menschen online die Patronanz über jeweils eine Note übernommen.

Das musikalische Signal gelangte zum Deep Space Kommunikationssystem der ESA (Estrack): Die 35 Meter weite Schüsselantenne im spanischen Cebreros sendete es im Gigahertzbereich ins All.
Mosaik der Minerva an der Fassade des MAK
Blick auf die Wiener Urania
Als Zielrichtung wurde der Ort der Sonde Voyager I gewählt. Sie befindet sich aus irdischer Perspektive im Sternbild Schlangenträger, westlich des Hauptsterns Ras Alhague (Aufsuchkarte von The Sky Live).

Die Raumsonde selbst war zu diesem Zeitpunkt knapp 25 Milliarden km weit weg und entfernte sich in jeder Stunde um weitere 61.000 km.

Sie hat die sogenannte Heliosphäre im Jahr 2012 verlassen und befindet sich seither definitionsgemäß bereits im interstellaren Raum, also im weiten Abgrund zwischen den Sternen.

Die Aufführung im MAK wurde unter anderem live auf YouTube (Youtube-Link) und auf space.vienna.info (Link) übertragen. Nahe der Urania war Public Viewing möglich.
Wien, Praterstraße 54
Mittlerweile gibt es auch einen etwa 11 km großen Kleinplaneten, der nach dem Wiener Komponisten und Walzerkönig getauft wurde. Der deutsche Astronomen Freimut Börngen fand ihn im Jänner 1989 an der Thüringer Landessternwarte Tautenburg. Der Asteroid (4559) Strauss dreht sich im Hauptgürtel zwischen Mars und Jupiter.

Strauss braucht gut 5 Jahre für einen kompletten Tanz um die Sonne. Bei einer scheinbaren Helligkeit von zumeist 17 bis 19 mag ist er für die allermeisten Astrofotografen zu lichtschwach.
Beethoven-Denkmal, Wien
Der Donauwalzer ist nicht das erste Musikstück, mit dem tief in den Raum gesandte Funkwellen moduliert wurden.

Im Sommer 2001 gingen verschiedene Lieder, gespielt auf dem Theremin (Artikel zu diesem Instrument), von der Krim aus auf kosmische Reise: Darunter das Finale von Beethovens 9. Sinphonie oder George Gershwins Summertime.

Sieben Jahre später folgte die NASA: Zur Feier ihres bevorstehenden 50. Geburtstags sandte sie 2008 den einstigen Beatles-Song Across The Universe zum Polarstern - mit einer Leistung von 18 Kilowatt und über ihr Deep Space Network. Auch damals stand, wie jetzt beim Donauwalzer, die Sendeanlage in Spanien.

John Lennons meditativer Song wird 430 Jahre nach der Ausstrahlung beim Polarstern ankommen.
Zurück zum Donauwalzer:

Mit Lichtgeschwindigkeit reisend, muss sein Signal die Sonde Voyager I nach gut 23 Stunden überholt haben. Sie selbst hat davon freilich nichts mitbekommen.
In der Nacht vom 31.5. zum 1.6.2025, während das Signal noch unterwegs Richtung Voyager I war, entstand meine Aufnahme. Das Bildfeld ist kleiner als der Vollmond. Es zeigt jenes Raumgebiet an der Grenze der Sternbilder Herkules und Schlangenträger, in dem sich die Raumsonde zu diesem Zeitpunkt befand (etwa Bildmitte). Sie ist viel zu weit entfernt, um von Teleskopen erfasst zu werden.
Alle Angaben ohne Gewähr
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